Infolge der stetig steigenden Anforderungen an die Luftqualität sah sich der Vorstand der damaligen Genossenschaft Luzerner Feuerbestattung im Jahre 2000 veranlasst, einen Neubau des Krematoriums in Auftrag zu geben. In unmittelbarer Nähe zum alten Krematorium konnte im Jahre 2005 eines der modernsten Krematorien, mit drei Gasofenanlagen, in Betrieb genommen werden, welches der Luftreinhalteverordnung und dem Denkmalschutz gerecht wird.

ARCHITEKTUR

RAUM DES ÜBERGANGS

Schwebend, in sich ruhend, die Aussenwelt im grossen Fenster reflektierend und seinen Bestimmungszweck bergend, präsentiert sich der Bau zeitlos modern und respektvoll als Ort des Übergangs.

Die Architekten Scheitlin-Syfrig AG, Luzern, haben das neue Krematorium auf einer Grundfläche von 23 auf 28 Metern in schlichtem, gleichzeitig solid und edel wirkenden Granit konzipiert. Der zweistöckige Bau ist eine Hightech-Anlage, doch möchte man nicht an seine Funktion erinnert werden, sondern Trost finden und Abschied nehmen. Deswegen ist das Krematorium Friedental ein ruhiger, fast ganz geschlossener Steinkubus. Vom Besprechungsraum geht der Blick aus einem einzigen grossen Fenster über den ganzen Friedhof, in den sich der grüne Valser Granit farblich einfügt und damit der denkmalpflegerischen Anforderung entspricht.

Krematorium Luzern
Besprechungszimmer im Krematorium Luzern
Einfahrt Krematorium Luzern

KUNST AM BAU

SCHEINRAUM

Ohne Wände könnte sich unser Leben nicht ereignen. Sie begrenzen oder schützen, sie bilden Widerstand oder ermöglichen Zuflucht. Wände tragen bildliche Phantasien und formen neue Durchgänge und Räume, deren Bedeutung im Übergang von einem Raum in den anderen besonders erfahrbar wird und die unser durch Wechsel geprägtes Leben von Geburt bis zum Tod begleiten. Der Künstler Hubert Hofmann hat im Neuen Krematorium Luzern die Illusion eines transitorischen Raumes geschaffen und reflektiert damit auf raffinierte Weise die Konstitution unseres Lebens und die Relativität der Sinneswahrnehmungen. Beim Eintritt ins Gebäude täuscht die reflektierende Aussenwand des schmalen Ganges einen grossen, leeren und schwebenden Raum vor, der sich gegen oben öffnet und Himmel ahnen lässt. Die illusionistische Spiegelung verändert sich in der Fortsetzung des Ganges und offenbart das durch die bearbeiteten Wände gesonderte Geheimnis. Der Gang endet mit dem Blick auf den Friedhof und dem Weg in die Vorhalle des Verbrennungsraumes. Dieses wechselnde Gefühl der Behausung beim Passieren des Eingangs und die Sinnestäuschung an diesem Ort der prekären Stadien zwischen Diesseits und Jenseits erzeugt Fragen nach den Richtungen des Lebens.

Hofmann bespielt zwei Wände, deren Gegensätze spürbar sind: die eine aufwändig poliert, reflektierend, im Glanz betörend und gleichzeitig abstossend und hart, die andere matt, porös atmend und warm, mit mineralischen Farben behandelt. Letztere wird durch vier geometrische Abschattungen und Aufhellungen zu einer abstrakten Wandmalerei, die sich im Spiegelbild der glänzenden Gegenwand als anamorphotischer Scheingang zeigt. Ihrem auf den ersten Blick spröden Charakter folgt wiederum durch die attraktive Stofflichkeit eine aufnehmende Anziehung. Hubert Hofmann spielt in seinem illusionistischen Konstrukt mit dem Hin und Her zwischen Anziehung und Abweisung und kreiert damit eine innovative Variante des Themas der Gegenteiligkeit in der Kunst. Die zwei aufeinander bezogenen Wände bezeugen zudem, dass erst beim Zusammenkommen von Gegensätzen das Wesentliche ans Licht gerückt wird.

Das Trompe l'oeil besticht durch seine Einfachheit, durch klare reduzierte Strukturen und eine durchdachte Auswahl und sorgfältige Bearbeitung der Materialien. Die verwendeten Farben Ziegelrot und Grau entsprechen dem ursprünglichen Farbkonzept der Architekten. Der Künstler baut geschickt auf vorhandenen architektonischen Ideen auf.

Damit führt er die alte Tradition der Beziehung zwischen Architekt und beauftragtem Künstler weiter und gleichzeitig interpretiert er mit seinem illusionistischen Gemälde auf intelligente Art die lange Ahnenschaft der Wand- und Deckenmalerei im Dienste optischer Täuschungen und Scheinarchitekturen, von der Renaissance mit der Entdeckung der Perspektive über die manieristisch sakrale Kunst bis zur Filmkulissen und Theaterleinwandmalerei. Seine Kunst am Bau ist nicht nur ein zeitgenössischer Blick auf die Kunstgeschichte, sondern auch eine Auseinandersetzung mit der Relativität der Räume, der Fragilität des Lebens und der Wandlung von Sinneswahrnehmungen in Übergangsstadien von Ort zu Ort.

Susanna Kumschick

BILD

TECHNIK UND ÖKOLOGIE

Die moderne Kremationsanlage besitzt drei erdgasbeheizte Ofenlinien und zwei Rauchgasreinigungsanlagen nach neustem Stand der Technik. Die in den drei Gas-Ofenlinien bei Abkühlung der Rauchgase anfallende Abwärme wird zur Gebäudebeheizung genutzt.

Die leistungsstarken Öfen erreichen eine verkürzte Einäscherungszeit sowie die einwandfreie Kremation durch moderne Steuerung und Nachverbrennung der Rauchgase bei stets 850°C. Sie sind auf eine maximale Kapazität von 6000 Kremationen pro Jahr ausgelegt.

Die digitale Steuerungs- und Messanlage überwacht den Verbrennungsprozess kontinuierlich. Gemessen, aufgezeichnet und ausgewertet werden Sauerstoff- und Kohlenmonoxidgehalt des Rauchgases vor Eintritt in die Rauchgasreinigung. Diese scheidet Staub aus und adsorbiert Schadstoffe wie Dioxine, Quecksilber und HCl im Aktivkohle-Festbettfilter.

Die Anlage zur Sortierung und Mahlung der Knochenasche besitzt eine Absaugung mit moderner Entstaubungsanlage.

Alle diese Massnahmen gewährleisten eine umweltgerechte und nachhaltige Durchführung des Kremationsprozesses unter Einhaltung aller Umweltauflagen.

Einäscherungsanlage Krematorium Luzern
Einäscherungsanlage Krematorium Luzern
Bild
Einfahrt Krematorium Luzern
Einäscherungsanlage Krematorium Luzern
Einfahrt Krematorium Luzern

ALTES KREMATORIUM

«In stiller Feierlichkeit steht unweit des Rotsees, umarmt von einem kleinen Wald- und Wiesenhügel, das erste Krematorium der Zentralschweiz.»
Carl Seelig 1926

Der monumentale Zentralbau mit flacher Kuppel wurde nach Plänen des Architekten Albert Fröhlich, der bereits die Krematorien von Zürich und Aarau entworfen hatte, am Nordende des Friedentals 1925 errichtet. Dem am leicht ansteigenden Hang thronenden Bau ist ein terrassierter Urnenhof vorgelagert, mit einer dreiflügligen Hallenanlage, die das Camposanto-Motiv aufnimmt. Ein grosses Wasserbassin am Eingang zum Urnenhof symbolisiert, dem Acheron in der griechischen Mythologie gleich, den Übergang zum Totenreich.

Im Inneren des Kuppelbaus malte Eduard Renggli (1882–1939) sechzehn ockergelbe allegorische Figuren zwischen die schmalen Oberlichtfenstern der Abdankungshalle.

Ein letzter Umbau erfolgte in den 1960er Jahren, als man das Totenhaus vergrösserte und mit neuer Lüftungsanlage versah.

1975 gestaltete der Luzerner Kunstmaler Hans Erni an den Wänden des Patios ein Mosaik zu Ehren Carl Spittelers.

2017 wurde die Abdankungs- sowie die Einsegnungshalle saniert.

2022 ist das alte Krematorium in den Besitz der Stadt Luzern übergegangen.

Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und ist von nationaler Bedeutung.

Abdankungshalle
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Abdankungshalle
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